Der Name der Rose (Rezension)
„Der Name der Rose“ ist das Erstlingswerk des italienischen Romanciers und Semiotikprofessors Umberto Eco. Die Veröffentlichung des Romans im Jahre 1980 sicherte ihm auf Anhieb einen Platz unter den angesehensten zeitgenössischen Schriftstellern. 1982 wurde der Roman ins Deutsche übersetzt und stürmte auch hier die Bestsellerlisten. Das Werk ist als Kriminalroman angelegt, bietet jedoch weitaus mehr als lediglich die detektivische Aufklärung mysteriöser Todesfälle in einem Benediktinerkloster durch den scharfsinnigen Mönch William von Baskerville und den Novizen Adson von Melk. So nimmt Eco den Leser gefangen, indem er ihn tief in das mittelalterliche Leben, das Denken dieser Zeit und ihre Moral eintauchen lässt. Lebendige Schilderungen der Lebenswirklichkeit des mittelalterlichen Menschen verknüpft er äußerst geschickt mit philosophischen Reflexionen über zentrale Lebensthemen wie Glauben, Liebe, Leidenschaft und Tod.
Aufbau und Stilmittel des Romans
„Der Name der Rose“ gliedert sich in Prolog, Hauptteil und Epilog. Im Prolog berichtet ein Ich-Erzähler vom Fund eines alten Manuskripts, das den Bericht des Mönchs Adson von Melk enthält, der im Spätmittelalter lebte. In einem zweiten Prolog wird dieser Mönch als Ich-Erzähler eingeführt, der als inzwischen alter Mann von seiner Zeit als Novize an der Seite des Franziskanermönchs William von Baskerville und von den Erlebnissen beider in einem oberitalienischen Kloster im Jahre 1327 erzählt. Der Hauptteil – Adsons Bericht – ist als Analogie zu den sieben Posaunen der biblischen Apokalypse in sieben Tage unterteilt, an denen die beiden Mönche im Kloster verweilen. Die Erzählung des Ablaufs dieser sieben Tage ist des Weiteren mittels der Stunden gegliedert, die das Klosterleben strukturieren (Laudes, Prima, Tertia, Sexta, Nona, Mette, Vesper und Komplet). Der Roman zeichnet sich durch hohe Intertextualität aus, denn Eco webt verstreute Hinweise und Anspielungen beispielsweise auf Werke von Arthur Conan Doyle, Agatha Christie und Edgar Allen Poe geschickt in den Text ein. Ein weiteres Stilmittel, das Eco brillant nutzt, ist die Bezugnahme auf ältere bekannte Texte, die teils im Original zitiert und teils paraphrasiert oder verfremdet wiedergegeben werden. Das im Roman geschilderte Mittelalter beruht auf einer gekonnten Vermischung von Fiktion und Realität.
Kriminalroman und historischer Roman
Vordergründig betrachtet ist der Roman „Der Name der Rose“ als Kriminalgeschichte angelegt. Doch bereits zu Beginn des Romans lässt Eco seine Leser tief eintauchen in die mittelalterliche Lebenswirklichkeit, die Philosophie und die zentralen Fragen dieser Zeit. Der englische Franziskanermönch William von Baskerville und der ihm anvertraute Novize Adson von Melk reisen im November 1327 zu einer Benediktinerabtei nach Oberitalien. Anlass ihrer Reise ist Williams Auftrag, ein Kolloquium von Vertretern des Franziskanerordens und der Kurie vorzubereiten. Diskutiert werden soll die Frage, ob der Klerus ein Leben in demütiger Armut führen solle, wie es die Spiritualen fordern, oder ob die Kirche nach prunkvollem Reichtum streben und damit ihre Macht demonstrieren solle, wie es für den in Avignon residierenden Papst selbstverständlich ist. Mit der Schilderung des Grundes für die Reise entführt Eco den Leser mitten hinein in einen historischen Konflikt von hoher Tragweite, dessen Auswirkungen enorm waren. Weitere zahlreiche Anspielungen auf historische Ereignisse und zeitgenössische Personen wie den gefürchteten Inquisitor Bernhard Gui oder Thomas von Aquin tragen ebenfalls dazu bei, der Erzählung einen glaubwürdigen spätmittelalterlichen Rahmen zu verleihen.
Der eigentliche Anlass des Aufenthalts Williams und Adsons in dem Kloster im nördlichen Apennin wird durch sich dort ereignende rätselhafte Todesfälle um eine Komponente erweitert, die für die beiden Mönche zur intellektuellen Herausforderung wird. So bittet der Abt des Klosters den ehemaligen Inquisitor William, der aufgrund seines Scharfsinns und seines Gespürs für die Wahrheit zu einiger Berühmtheit gelangt ist, um Hilfe bei der Aufklärung der Mordserie. Die Klosterbibliothek sowie ein bestimmtes Buch geraten bald in den Fokus der Ermittlungen Williams und Adsons. Bei dem verdächtigen Buch handelt es sich um das seit der Antike tatsächlich verschollene zweite Buch der Poetik von Aristoteles, das sich mit der Komödie beschäftigt und eine Legitimation des Lachens darstellt. Jorge von Burgos, der greise Mönch, dem die Bibliothek untersteht, sieht im Lachen jedoch eine Bedrohung der kirchlichen Autorität und in Aristoteles Werk zur Komödie ein Sakrileg. Aus seiner Sicht tötet das Lachen die Gottesfurcht. So sucht er zu verhindern, dass das Buch rezipiert und vervielfältig wird. Er tränkt die Ecken der Seiten mit Gift, sodass sich jeder, der in dem Werk liest, in Lebensgefahr begibt. Sieben Menschen kommen an sieben Tagen zu Tode, doch nicht alle sterben durch das vergiftete Buch. William und Adson gelangen durch einen geheimen Zugang in das Labyrinth der Bibliothek. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt, als der Bibliothekar die Eindringlinge überrascht.
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