Kleinere Kreuzzüge zur Unterstützung der Kreuzfahrerstaaten
Das 13. Jahrhundert sah eine generelle Zunahme der Kreuzzüge. Bei diesen handelte es sich jedoch nur selten um wirklich große Unternehmungen. So entwickelten sich diese kleineren Expeditionen, die zumeist auf der allgemeinen Notlage der Kreuzfahrerstaaten beruhten, zu alljährlich stattfindenden Überfahrten, denen sich einzelne Ritter oder ganze Kontingente anschließen konnten. Durch diesen ständigen Nachschub an Kämpfern ließ sich das Überleben der Kreuzfahrerstaaten für eine gewisse Zeit sichern.
Hohe Verschuldung der Kreuzfahrer bei Venezianern
Der Kreuzzug Heinrichs VI. war kaum beendet, da proklamierte Papst Innozenz III. (1198 bis 1216) im August 1198 bereits erneut einen Kreuzzug. Die Zielsetzung des Unternehmens lag in der Rückeroberung Jerusalems. Die Anführer des Kreuzzugs, die Grafen Theobald von der Champagne, Balduin IX. von Flandern und Ludwig von Blois, ließen einen Vertrag mit Venedig schließen, um Schiffe für den Transport der Kreuzfahrer nach Akkon zu erhalten. Durch diesen Vertrag bei den Venezianern verschuldeten sich die drei Adligen in einem enormen Ausmaß. So gingen sie von 35.000 Teilnehmern aus und orderten entsprechende Kapazitäten an Frachtraum. Es standen jedoch nur 11.000 Kreuzfahrer zur geplanten Abfahrtzeit in Venedig bereit. Aufgrund ihrer hohen Schulden ließen sich die Grafen von Venedig drängen, die ehemals unter venezianischer Herrschaft stehende Stadt Zara an der dalmatinischen Küste zu erobern, deren Bevölkerung aus lateinischen Christen bestand. Unter dem Druck Venedigs setzten sich die Anführer des Kreuzzugs über das Angriffsverbot des Papstes hinweg, der kriegerische Handlungen gegen andere Christen strikt untersagt hatte. Zara gehörte zum Herrschaftsgebiet Ungarns und der ungarische König hatte zuvor selbst das Kreuz genommen. Der geplante Angriff auf die Stadt spaltete das Kreuzfahrerheer in Befürworter und Gegner der angestrebten Eroberung, wobei Erstere sich durchsetzen konnten. Zara wurde 1202 eingenommen. Die Exkommunikation der Kreuzfahrer durch den Papst, mit der sie durchaus rechnen mussten, blieb allerdings aus.
Weiterer Kreuzzug zum Abtragen der Schulden
Mit der Einnahme Zaras konnten die Anführer der Kreuzfahrer jedoch nicht alle Schulden bei den Venezianern tilgen. So ließen sie sich zu einer weiteren Unternehmung überreden, die wenig mit den eigentlichen Zielen des Kreuzzugs zu tun hatte. So beabsichtigte Alexios Angelos, der im Exil lebende Sohn des entthronten byzantinischen Kaisers Isaac II., mithilfe der Kreuzfahrer den Thron in Konstantinopel zurückzugewinnen. Im Gegenzug versprach er, die Kreuzfahrer und Venedig für ihre Dienste mit einer hohen Summe Geldes zu entschädigen und sie bei ihrem Kreuzzug ins Heilige Land militärisch zu unterstützen. Neben dem finanziellen Interesse der Kreuzfahrer sollte ihre Hilfestellung für den byzantinischen Patriarchen dazu dienen, Byzanz wieder unter römische Oberhoheit zu stellen. Da Venedig den Plan des Exilprinzen guthieß, sahen sich die Kreuzfahrer aufgrund ihrer Schuldenlage dazu gezwungen, sich an der Rückeroberung Konstantinopels zu beteiligen.
Erstürmung Konstantinopels
Im Juli des Jahres 1203 erstürmten die Kreuzfahrer Konstantinopel und verschafften Isaac II. seinen Thron zurück. Der Aufbruch der christlichen Truppen ins Heilige Land verzögerte sich bis ins Frühjahr 1204, da Isaac II. und sein Sohn Alexios im Januar 1204 durch einen Staatsstreich beseitigt wurden. Die Kreuzfahrer fühlten sich daraufhin sowohl verpflichtet als auch berechtigt, gegen den neuen Kaiser vorzugehen und belagerten die Stadt. Am 12. April 1204 brachen sie in Konstantinopel als größte und reichste Stadt der Christenheit ein und plünderten sie drei Tage lang systematisch. Die Chronisten berichten von Gräueltaten von Christen an Christen. Nach der Eroberung kehrten die meisten Kreuzfahrer reich beladen mit Schätzen nach Hause zurück. Viele der Beutestücke schmücken noch heute venezianische Gebäude wie etwa den Dogenpalast.
Aufteilung der eroberten Gebiete
Die Sieger teilten die eroberten Gebiete untereinander auf. Lediglich ein kleiner Teil des ehemaligen Byzantinischen Reichs wurde zum Lateinischen Königreich von Konstantinopel, zu dessen Oberhaupt Balduin von Flandern gewählt wurde. Andere Teile gingen als Lehen an vor Ort gebliebene Kreuzfahrer und an Venedig. Das Lateinische Königreich von Konstantinopel zeigte sich allerdings von Beginn an als kaum überlebensfähig. Zu gering war die Zahl der Lateiner, zu verhasst war ihre Herrschaft in der Bevölkerung. Die verbliebenen byzantinischen Kräfte hatten sich an die Randgebiete des Reichs zurückgezogen und bildeten dort Nachfolgestaaten (Epiros, Nikäa). Es sollte jedoch noch bis 1261 dauern, ehe dem zum Kaiser aufgestiegenen General Michael VIII. Paläologos (1259 bis 1282) die Rückeroberung Konstantinopels gelang.
Verlust der byzantinischen Großmachtstellung
In der Folge verlor Byzanz seinen Status als Großmacht. Die Aufrechterhaltung des Lateinischen Königreichs erforderte einigen Aufwand, der die Aktivitäten zur Unterstützung der Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land deutlich schmälerte. Das Verhältnis der beiden christlichen Kirchen verschlechterte sich dramatisch. Die Gräueltaten der Kreuzfahrer gegen orthodoxe Christen kritisierte der Papst zwar auf das Schärfste, aber der Riss zwischen beiden Kirchen, der sich seit dem 11. Jahrhundert gebildet hatte, führte nun zu einem nicht mehr zu kittenden Bruch, sodass sich die Beziehungen bis heute nicht wieder vollständig entspannt haben. Einziger Gewinner der Gesamtentwicklung war Venedig, das seinen Einflussbereich ausdehnen und seine Besitztümer mehren konnte.
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Das allgemeine Interesse breiter Bevölkerungsschichten am Mittelalter entstand im 19. Jahrhundert. Es steht in engem Zusammenhang mit den zu dieser Zeit publizierten Ritterromanen. |
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