Kreuzzüge in Osteuropa
Zu den Kreuzzügen, die in andere Gebiete als in den Vorderen Orient führten, gehörten die Kreuzzüge im Baltikum und im östlichen Deutschland. Kolonisations- und Expansionsbestrebungen sowie missionarische Absichten lagen diesen Kriegen zugrunde. In Sachsen hatte es bereits 1107/1108 Bestrebungen gegeben, die Kämpfe gegen die westslawischen Stämme (Wenden, Elb- und Ostseeslawen) als Kreuzzüge zu deklarieren. Der sogenannte Wendenkreuzzug wurde jedoch erst während des zweiten Kreuzzugs auf Betreiben deutscher Kreuzfahrer offiziell ausgerufen. Der einflussreiche Kleriker Bernhard von Clairvaux propagierte den Kreuzzug und warb um Teilnehmer. Papst Eugen III. erließ 1147 eine Kreuzzugsbulle, in der er diesen Krieg als Missionskrieg rechtfertigte.
Wendenkreuzzug
Deutsche, dänische, schwedische und polnische Ritter sowie Fürsten und andere Adelige beteiligten sich an diesem Unternehmen. Die Motive der einzelnen Teilnehmer waren vielfältiger Natur. So gab es wohl einige Kreuzfahrer unter ihnen, die religiöse und ideelle Vorstellungen mit ihrer Teilnahme verbanden. Die Absichten der Mehrheit beruhten jedoch auf Kolonisationsbestrebungen, denen die Idee einer Ausweitung der Macht- und Herrschaftsbereiche zugrunde lag. Die einzelnen Feldzüge richteten sich vor allem gegen slawische Orte im Grenzbereich (Stettin, Demmin und Dobin). Kreuzfahrer aus Dänemark eroberten im späteren Verlauf des Kreuzzugs 1168 die Insel Rügen und Teile der pommerschen Ostseeküste.
Kreuzzüge gegen die Ostseevölker
Die Kolonisations- und Expansionsbestrebungen, die im Ostseeraum hauptsächlich von dänischen, schwedischen und deutschen Adligen ausgingen, führten zu Feldzügen gegen die östlichen Anrainer der Ostsee. 1191 und 1202 war Finnland betroffen, 1194 und 1197 folgten Estland sowie 1206 Ösel als Zielgebiete. 1219/20 eroberten dänische Kreuzfahrer das nördliche Estland. Die Schweden fielen später erneut in Finnland ein und unterwarfen das Land 1240.
Kreuzzüge gegen Livland
In den Jahren 1193, 1197 und 1199 schloss sich der Bischof von Riga mit dem deutschen Schwertbrüderorden zusammen. Der Kleriker sah die christlichen Missionsziele in Livland in Gefahr und rief zur Verteidigung dieser Ziele zu Kreuzzügen auf, um die Stellung der Kirche zu stärken. Unter seiner Regie kämpften die Kreuzfahrer mit äußerster Härte für das als heilig eingestufte Ziel und eroberten schließlich das ganze Land.
Kreuzzüge in Preußen
Ab 1230 wurde Preußen zum Schauplatz von Kreuzzügen. Seit 1225 war der Deutsche Orden in Preußen ansässig, ab 1234 hielt er das Land als päpstliches Lehen. Der Orden zeigte sich in der Folge federführend bei allen Kreuzzugsaktivitäten in der Region. Für Kreuzzüge im Allgemeinen galt, dass sie einer zeitlichen Begrenzung unterlagen. In der Regel durften Kreuzzüge die Dauer von sechs Jahren nicht überschreiten und mussten neu proklamiert werden, wenn sie fortgesetzt werden sollten. In diesem Zusammenhang ist es als einzigartig zu bewerten, dass Papst Innozenz IV. 1245 einen ständigen Kreuzzug erlaubte. Dieser richtete sich gegen die heidnischen Pruzzen, die in Preußen lebten. Der verfolgte Zweck der Unternehmung lag in ihrer Unterwerfung und Missionierung.
Kreuzzüge gegen Litauen
Ab Beginn des 14. Jahrhunderts befand sich der Deutsche Orden in kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem aufstrebenden heidnischen Litauen. Während des gesamten Jahrhunderts pilgerten Ritter in die Gebiete, die unter der Herrschaft des Ordens standen. Von dort aus begannen sie ihre Sommer- und Winterfeldzüge gegen die erklärten Feinde des Ordens. Die 1386 entstandene polnisch-litauische Union beinhaltete die vollständige Christianisierung Litauens. Diese entzog den Kreuzzügen ihre Grundlage, sodass sich der Zustrom an Kreuzfahrern in den Ordensstaat seit jener Zeit signifikant verringerte und schließlich ganz versiegte.
Kreuzzüge gegen die Mongolen
1241 drangen die Mongolen bis nach Mitteleuropa vor und besiegten dabei ein deutsches Heer bei Liegnitz. Papst Gregor IX. rief daraufhin zum Kreuzzug gegen die Mongolen auf und bestätigte den Aufruf 1243 noch einmal. Innozenz IV. legte als Gregors Nachfolger 1249 fest, dass das von Teilnehmern an Kreuzzügen ins Heilige Land abgelegte Kreuzzugsgelübde auch für den Kampf gegen die Mongolen und die Tataren Gültigkeit haben sollte. Die an das mongolische beziehungsweise tatarische Herrschaftsgebiet angrenzenden christlichen Völker Polen und Ungarn sowie die Städte Genua und Venedig, die dort Niederlassungen besaßen, erhielten im 14. Jahrhundert spezielle Kreuzzugsprivilegien zugewiesen.
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Das allgemeine Interesse breiter Bevölkerungsschichten am Mittelalter entstand im 19. Jahrhundert. Es steht in engem Zusammenhang mit den zu dieser Zeit publizierten Ritterromanen. |
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