Weihnachten im Mittelalter
Die Einführung des Weihnachtsfestes im 4. Jahrhundert ist vor allem als Versuch der Kirche zu sehen, die heidnischen Bräuche, die im Mittelalter noch weit verbreitet waren, in ihrem Sinne zu kanalisieren. Bereits in spätantiker Zeit im Jahre 354 wurde das erste Weihnachtsfest am 25. Dezember in Rom gefeiert. Auf dem zweiten Konzil von Konstantinopel verkündete Kaiser Theodosius im Jahre 381 den 25. Dezember als offizielles Datum für Christi Geburt.
Antike und heidnische Wurzeln des Weihnachtsfestes
In der Antike wurde der 25. Dezember in Rom mit den sogenannten Saturnalien als Festtag zu Ehren des Gottes Saturn begangen. Zugleich wurde dieser Tag in vielen Kulturen als Tag der Wintersonnenwende gefeiert. Die Germanen pflegten ihre heidnischen Bräuche wie ein Toten- und Fruchtbarkeitsfest, das Julfest und das Mittwinterfest.
Herkunft des Wortes Weihnachten
Dokumentiert ist das Wort „Weihnachten“ erstmals im 12. Jahrhundert. Es leitet sich ab aus der mittelhochdeutschen Formulierung „ze wihen nath“. Dies bedeutet übersetzt „zu der geweihten Nacht“. In der germanischen Welt waren die geweihten Nächte identisch mit der Opferzeit der Mittwinternächte, die auch als Rau- oder Rauchnächte bezeichnet wurden. Sie umfassten einen Zeitraum von zwölf Nächten vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. Die Germanen glaubten, in dieser Zeit Dämonen und Hexen sehen zu können, die sie auf überlieferte Weise mithilfe von Ausräucherungen und lärmenden Umzügen bekämpften. In diesen Tagen herrschte darüber hinaus der Julfriede. Die Waffen hatten zu ruhen und auch persönliche Streitigkeiten wurden öffentlich beigelegt. Brote und Früchtekuchen, die sich bis zum Ende der Rauchnächte hielten, wurden gebacken, denn auch die Hausfrau sollte in dieser Zeit nicht arbeiten.
Weihnachtslieder, Weihnachtskrippe, Weihnachtsmärkte
Die ersten Weihnachtslieder wurden im 11. Jahrhundert gesungen. Im Verlauf der Jahrhunderte entwickelte sich das Weihnachtslied vom priesterlichen Sologesang zum Gesang der gesamten Gemeinde in der Kirche. Weihnachtsmärkte, Krippenspiele und Festumzüge fanden im öffentlichen Raum statt. Die erste Krippe ist für das 13. Jahrhundert belegt. Seitdem gehörte sie, ebenso wie das Krippenspiel, zum festen weihnachtlichen Brauchtum. In diesem Spiel wurde – zunächst ausschließlich in den Kirchen – die biblische Weihnachtsgeschichte szenisch dargestellt und die wundersamen Begebenheiten zur Geburt Jesu nacherzählt. Die Darsteller des Jesuskindes, Marias, Josefs und der Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland sowie der Hirten gehörten zum Ensemble, das dieses Spiel nun alljährlich aufführte. Auch die in der Bibel erwähnten Tiere durften nicht fehlen.
Franz von Assisis Bedeutung für das Krippenspiel
Die hohe Popularität des Krippenspiels im Hochmittelalter beruhte nicht zuletzt auf den Aktivitäten von Franz von Assisi. Er ließ im Wald von Greccio die als die biblischen Figuren verkleideten Akteure in einer Krippe mit Heu auftreten, Ochs und Esel komplettieren die Szenerie. Das Spiel, das er am 25. Dezember 1223 inszenierte, hatte er initiiert, um der Bevölkerung einmal deutlich vor Augen zu führen, wie groß die Not war, in die Jesus hineingeboren wurde.
Vorläufer des Weihnachtsbaums
Klöster und Kirchen wurden im Mittelalter mit Tannengrün geschmückt. Bereits in vorchristlicher Zeit wurde das Haus im Winter mit grünen Tannen-, Mistel- oder Eibenzweigen geschmückt. Diese Zweige symbolisierten die Fruchtbarkeit des Sommers und sollten seine Wiederkunft beschwören. Des Weiteren galten die grünen Zweige in den Rauchnächten zur Zeit der Wintersonnenwende zugleich als Schutz vor bösen Geistern. Den Zweigen wurde außerdem Zauberkraft zugeschrieben. Sie standen für Fruchtbarkeit, Gesundheit und Wachstum und wurden nicht nur im Haus, sondern auch an den Türen und Fenstern angebracht. Das Anzünden von Kerzen als Symbol für das Licht, das Jesus Christus in die Welt brachte, war im Mittelalter unbekannt. Wachs war ein sehr teurer Rohstoff, sodass Kerzen selbst in relativ begüterten Kreisen nur sehr sparsam eingesetzt wurden.
Der erste Weihnachtsbaum
Es sollte bis zum Spätmittelalter dauern, bis erstmals ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. Dokumentiert ist dieses Ereignis für das Jahr 1419 in Freiburg. Geschmückt war dieser Baum mit Äpfeln, Nüssen und Lebkuchen, die Neujahr gegessen werden durften. In der Folgezeit bürgerte sich die Aufstellung von Weihnachtsbäumen langsam ein, jedoch überwiegend im Freien ähnlich wie bei den Maibäumen üblich. Analog zu diesen wurden die Weihnachtsbäume auch als Weihnachtsmaien bezeichnet.
Fastenzeit
Der Zeitraum vom 25. November bis Weihnachten war die Zeit des Fastens, in der nur spezielle Speisen und Getränke zu sich genommen wurden. Dazu zählten Fastengebäck, Lebkuchen beziehungsweise Honigkuchen und Spekulatius. Am 23. und 24. Dezember herrschten die strengsten Fastenvorschriften. An diesen Tagen wurden nur Brotsuppe und getrocknetes Brot gereicht.
Weihnachtsessen
Ein Weihnachtsessen zur Feier der Geburt Christi war dem Mittelalter unbekannt. Mit dem Ende der Fastenzeit am 25. Dezember wurde jedoch traditionell ein ausgiebiges Festmahl aufgetischt. Bei allen Ständen und Schichten kamen an diesem Tag – abgesehen von den Jahren, in denen Hungersnöte grassierten – Speisen auf den Tisch, die auch eine symbolische Bedeutung hatten. So wurde beispielsweise Fisch als Symbol für Fruchtbarkeit und Leben serviert. Insbesondere der Verzehr des Herings und seines Rogens war mit der Hoffnung auf Glück und Geld verbunden. Linsen oder Bohnen standen ebenfalls für Wohlstand, Äpfel für Gesundheit. Salz und Brot wurden als Garant für ein langes Leben angesehen.
Autor: Annette Wallbruch
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