Allerheiligen und Allerseelen
Die große Anzahl der christlichen Märtyrer machte es unmöglich, einem jeden Heiligen einen eigenen Gedenktag zuzuweisen. So installierten die östlichen Kirchen bereits im 4. Jahrhundert den sogenannten „Herrentag aller Heiligen“. In der orthodoxen Kirche wird Allerheiligen heute am ersten Sonntag nach Pfingsten gefeiert, nach der römischen Liturgie am 1. November. Ursprünglich wurde Allerheiligen in beiden Kirchen am ersten Sonntag nach Pfingsten begangen. Die Verlegung des Feiertages vom Frühjahr in den November wurde von Papst Gregor IV. im 9. Jahrhundert beschlossen, da die Sicherstellung der Ernährung der Pilger im Herbst – nach der eingefahrenen Ernte – wesentlich einfacher zu gewährleisten war. Generell ist Allerheiligen als christliches Fest zu sehen, dessen Ursprung auf mehrere Wurzeln zurückgeht.
Antiochische Wurzel
Die älteste Wurzel von Allerheiligen liegt in Antiochien. Von dort stammte Johannes Chrysostomos, der zu den bedeutendsten Predigern seiner Zeit gehörte und später das Amt des Patriarchen im byzantinischen Konstantinopel einnahm. Chrysostomos bedeutet übersetzt „Goldmund“. Dieser Beiname ist als Anspielung auf die begnadete Redefähigkeit des Predigers zu sehen, der in seinen Reden vehement gegen ein Übermaß an Heiligen- und Märtyrerverehrung eintrat und für einen einzigen Tag zum gleichzeitigen Gedenken an alle Heiligen plädierte. Nach seiner Vorstellung sollte am Sonntag nach Pfingsten das Fest Allerheiligen begangen werden.
Römische Wurzel
Das Pantheon war ursprünglich der Gesamtheit der römischen Götter gewidmet. Die Kirchweihe des Pantheons durch Papst Bonifatius IV. gilt als römische Wurzel von Allerheiligen. Es wurde am 13. Mai 609 zur christlichen Kirche erklärt und der heiligen Maria sowie den christlichen Märtyrern geweiht. Diese Kirchweihe war vermutlich der entscheidende Auslöser für die Einführung des Allerheiligenfestes in der westlichen Kirche und der zunehmenden Bedeutung dieses Tages im 7. Jahrhundert. Es ist wahrscheinlich, dass wandernde Missionare das Fest verbreiteten. Ab dem 8. Jahrhundert war es über den römischen Raum hinaus bekannt, seine steigende Bedeutung ist ab dieser Zeit nachweisbar. Als weiteres wichtiges Ereignis für die Etablierung des Festes gilt die Kirchweihe einer Allerheiligenkapelle in St. Peter durch Papst Gregor III. im 9. Jahrhundert.
Fränkische Wurzel
Die Beendigung des Krieges zwischen Ludwig dem Frommen und seinen Söhnen im Jahre 835 gilt ebenfalls als markantes Ereignis für den Beginn der Tradition des Allerheiligenfestes. Unter Papst Gregor IV. übernahm der König dieses Fest als Tag zum Gedächtnis aller Heiligen und als Gedenktag für den Friedensschluss und die Aussöhnung zwischen den verfeindeten Lagern.
Allerheiligen als „Ostern des Herbstes“
Seine hohe Bedeutung für die christliche Kirche des Spätmittelalters lässt sich daran ablesen, dass das Fest nun auch als „Ostern des Herbstes“ bezeichnet wurde. Diesen Beinamen erhielt Allerheiligen, da es starke Anklänge an die Osterfeier aufwies. So wurde mit Allerheiligen nicht allein eine numerische Feier aller Heiligen begangen, sondern vielmehr sollte es ein Fest des Himmels, der Wirksamkeit göttlicher Gnade, der Vollendung und Jenseitigkeit sein. Ein weiterer Grund für den hohen Stellenwert von Allerheiligen ist in der zeitlichen Nähe zu Allerseelen zu sehen.
Allerseelen
Allerseelen ist in der römischen Liturgie ein Gedenktag, der am 2. November an alle Verstorbenen erinnern soll. Das Fest wurde im 10. Jahrhundert von Odilo, dem Abt des Klosters Cluny, eingeführt und im Rahmen seiner Reformbestrebungen verbreitet. Per Dekret wurde es im Jahre 998 für Cluny und alle angeschlossenen Klöster festgelegt. Von dort ausgehend etablierte sich Allerseelen sehr rasch innerhalb der römischen Kirche. Seit 1311 ist das Fest im römischen Kalendarium als Bestätigung älterer Gewohnheiten vermerkt. In den östlichen Kirchen ist es bis zum heutigen Tage unbekannt.
Bei der Feier zu Allerseelen wurden viele Texte gelesen, die auch Karfreitag eine Rolle spielten. Auch formal war dieses Fest an die Messen dieses Tages angelehnt. Die antike Festfarbe war schwarz und so wurde auch für die Messgewänder die Farbe schwarz gewählt. Allerseelen bedeutete analog zur Auferstehung Jesu die Hoffnung auf die Auferstehung des Menschen. Darüber hinaus verbanden die Menschen des Mittelalters mit Allerseelen, dass sie bei diesem Fest die Möglichkeit hatten, durch Fürbitten, Gebete und Almosen – aus denen sich später der schwunghafte Ablasshandel entwickelte – den Verstorbenen zu helfen, ihre Qualen zu mildern. Zugrunde lag dieser Vorstellung die Annahme, dass alle Toten – unabhängig davon, ob sie ein gottfälliges Leben geführt hatten oder nicht – zunächst für eine gewisse Zeit die Pein des Fegefeuers erleiden mussten, bevor sie dem Himmel oder der Hölle zugeordnet wurden.
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Private oder auch stille Messen hielten die Priester ohne besondere Feierlichkeit ab. Öffentliche Messen dagegen wurden festlich gestaltet und zumeist musikalisch mit Gesang begleitet. |
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