Schadenszauber und Liebeszauber
Zu den gängigsten Formen des Schadenszaubers gehörten Verfluchung, Vergiftung mittels eines Zaubertranks, Bilderzauber, Einsatz von schädigenden Amuletten, Astralmagie, Wahrsagerei, Impotenzzauber und Liebeszauber. Wie andere Formen der Zauberei galt Letzterer ebenfalls als Versuch, Macht über den freien Willen eines anderen Menschen zu erlangen, bildete jedoch eine Sonderform des Schadenszaubers, da er in manchen Fällen durchaus toleriert wurde. Theologen und Rechtsgelehrte stuften ein solches Delikt allerdings insgesamt als schweres Verbrechen ein, das zumeist strenge Strafen nach sich zog. Die diversen Praktiken solcher Magie sind uns in zahlreichen Strafprozessakten überliefert. Das Ausmaß dieses Treibens zeigte sich allerdings regional unterschiedlich. Vor allem in Italien wurden besonders häufig Anklagen wegen Liebeszaubers vor Gericht verhandelt. Die meisten aktenkundigen Delikte im gesamten europäischen Raum, die eine Anklage wegen Zauberei beinhalteten, sind solche, bei denen es um Körperverletzung oder Totschlag ging.
Verfluchung
Die einfachste Form des Schadenszaubers stellten Flüche dar, die im Prinzip ins Negative abgeänderte Segensformeln oder Beschwörungen zum Inhalt hatten. Zu den wesentlichen Elementen eines Fluchs, der Wirkung zeigen sollte, gehörte die Geheimhaltung vor dem Opfer. Da Flüche deshalb nur selten öffentlich ausgesprochen wurden, ist die Zahl der tatsächlichen Fälle wahrscheinlich deutlich höher, als es die überlieferten Dokumente vermuten lassen.
Zaubertränke und Amulette
Die Schwierigkeit bei Fällen von Vergiftungen durch Zaubertränke lag vor allem in der Beweisführung, da das Corpus Delicti naturgemäß vom Opfer verzehrt worden war und nicht vor Gericht präsentiert werden konnte. Einfacher zeigte sich die Sachlage bei magischen Amuletten, die zu schädigenden Zwecken eingesetzt wurden. Der Magier versteckte sie im Haus seines Opfers, oft unter dem Bett oder unter der Türschwelle. Sie bestanden grundsätzlich aus Materialien, denen negative Eigenschaften zugeschrieben wurden. Ein schädigendes Amulett konnte demgemäß etwa aus dem Holz eines Galgens, aus menschlichen Exkrementen oder aus toten Tieren gefertigt sein.
Bilderzauber
Die Symbolik spielte beim Bilderzauber eine herausragende Rolle. Zur Durchführung eines solchen Zaubers fertigte der Magier ein Bildnis des Opfers aus Wachs oder Ton an. Diesem wurde nun stellvertretend ein Schaden zugefügt. So durchbohrte man es beispielsweise an verschiedenen Stellen mit Nadeln, um beim Opfer Schmerzen oder eine Krankheit auszulösen.
Astralmagie
Astralmagie gehört im weitesten Sinne zur Astrologie. Die Kraft der Gestirne sollte hierbei zu magischen Zwecken gebündelt und nutzbar gemacht werden. Im Gegensatz zur Astrologie, die sich darauf beschränkte, zukünftige Ereignisse vorherzusagen, sollte mit der Astralmagie aktiv in das Schicksal eingegriffen werden. Die Kenntnis über diese magische Technik gelangte aus der arabischen Welt nach Europa. Die bekannteste Schrift über Astralmagie, die im Mittelalter weitverbreitet war, ist das arabische Werk „Picatrix“. Es gab zahlreiche Möglichkeiten, einen solchen Zauber auszuführen. Eine davon war, astrologische und magische Zeichen sowie den Namen einer Person auf eine Leinwand aufzutragen. Danach musste der Stoff verbrannt werden. Die Wirkung dieses Zaubers sollte darin liegen, dass die Person, dessen Name auf dem Stoff stand, gezwungen war, an jeden Ort zu gehen, an den der Magier sie wünschte. Die magischen Rituale konnten allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn bestimmte Sternenkonstellationen am Himmel gegeben waren, ansonsten sollten sie wirkungslos bleiben.
Wahrsagerei
Während alle anderen Formen der Magie das Schicksal der Menschen und zukünftige Ereignisse aktiv beeinflussen wollten, beschränkte sich die Wahrsagerei mittels vieler Techniken auf die Vorhersage der Zukunft. Zu diesen zählten beispielsweise die Traumdeutung, die Erstellung von Horoskopen auf Grundlage der Astrologie, das Lesen der Handlinien oder die Vorhersage von Geschehnissen aus dem Vogelflug. Unabhängig davon, welcher Technik sich die Wahrsagerei bediente, wurde sie seitens des Klerus als dämonische Kunst gebrandmarkt und ebenfalls als Zauberei eingestuft. In einem Traktat des einflussreichen Kirchenvaters Augustinus heißt es demgemäß, dass die Wahrsager ihre Kenntnis der Zukunft von den Dämonen selbst erhielten. Dabei verfügten diese nicht tatsächlich über prophetisches Wissen, sondern würden die Wahrsager mit List täuschen.
Liebeszauber: geschlechtsspezifische Häufung
Liebeszauber war eine der Spielarten des Schadenszaubers. Im Allgemeinen wurde jede Form eines solchen Zaubers verurteilt, weil durch Betrug erlangte Liebe im Ruf stand, eine zerstörerische Energie zu sein. Nichtsdestotrotz übten Personen aller Stände diese magische Kunst bei Bedarf aus. Frauen wie auch Männer trieben Liebeszauber, wobei jedoch der Anteil beim weiblichen Geschlecht deutlich höher lag. Nachvollziehbar wird diese überproportional hohe Beteiligung der Frauen aus den Strafprozessakten, die überliefert sind. Des Weiteren gingen Männer zumeist mit einer anderen Zielsetzung ans Werk. So wollten sie mit einem Liebeszauber oft nicht die Liebe einer einzigen Frau gewinnen, sondern die Fähigkeit erlangen, alle zu betören. Zu den Varianten für Männer zählte außerdem ein speziell gegen Eifersucht schützender Liebeszauber. Eine solche Emotion wurde angeblich überflüssig, da die mit einem Bann belegte Frau für andere Männer uninteressant werden sollte.
Einfache Form des Liebeszaubers
Der unkomplizierteste Liebeszauber war eine besondere Form der Segnung. Die Frau zeichnete dazu während der sexuellen Vereinigung mit dem Ringfinger ein Kreuz auf den Rücken ihres Partners. Das Kreuz als christliches Symbol, durch das die Ehe geheiligt wird, sollte hier ihren Vollzug bedeuten und die ewige Liebe und Treue des Mannes sicherstellen. Allerdings musste das Nachzeichnen des Kreuzes unbemerkt bleiben. Wie bei aller Magie galt in besonderem Maße für die Liebesmagie, dass das Opfer keine Kenntnis davon haben durfte, da der Zauber ansonsten nicht die gewünschte Wirkung haben sollte. Diese Form des Liebeszaubers kann als christianisierte Magie eingestuft werden, sie hing allerdings zugleich mit einem weitverbreiteten Aberglauben zusammen, denn ein heiliges Zeichen sollte bewirken, dass der Geist eines Mannes eingeschlossen und ihm somit quasi ein geistiger Riegel vorgelegt wird.
Komplizierte Liebeszauber
Bei vielen dieser magischen Rituale spielte die Symbolik des Feuers eine wesentliche Rolle, da die Liebe mit einer Flamme verglichen wurde. So verbrannte die verliebte Frau beispielsweise eine Figur aus Wachs oder Teig, die den Mann darstellte, um ihn in Liebe entbrennen zu lassen. Brennnesseln und Ameisen, deren Berührung und Stiche ebenfalls an Feuer erinnern, mischte man in Tränke, um die Leidenschaft des Mannes zu entfachen und seine Potenz zu erhöhen. Allerdings gestaltete sich die Herstellung des Brennnesseltranks recht aufwendig. Die Pflanze musste zunächst in den Urin der Frau getaucht und anschließend in ein Feuer geworfen werden, dass durch die Knochen von Toten genährt wird. Drei Grundformen der Magie sind in diesem Rezept vereint: sympathetische Magie, die sich in der Symbolik des Feuers zeigt, Beschwörungsmagie, die sich an die Toten richtet, und Berührungsmagie, die mit der Beigabe des Urins der Frau gegeben ist.
Für Liebeszauber genutzte Speisen
Neben eher harmlos wirkenden Formen des Liebeszaubers existierten zahlreiche Spielarten, die aus heutiger Sicht mehr als seltsam anmuten. So zählte es zu den üblichen magischen Praktiken, dem begehrten Mann Gerichte zu servieren, deren Bestandteile mit den Sexualorganen der Frau in Berührung gekommen waren. Dazu gehörte etwa Brot aus Teig, der mit dem entblößten Hinterteil geknetet worden war. Des Weiteren wurden Fische im Mund oder in der Vagina getötet, Getränke mit Menstruationsblut versetzt oder Schamhaare in Kuchen eingebacken. Während dieser Prozeduren mussten zusätzlich magische Formeln gesprochen werden, um den Speisen die gewünschten Kräfte zu verleihen.
Impotenzzauber
Impotenzzauber verfolgte das gegenteilige Ziel des Liebeszaubers. Es gab eine Vielzahl von magischen Rezepten, die darauf abzielten, die Impotenz eines Mannes oder zumindest die Drosselung seines sexuellen Verlangens zu bewirken. So wurde beispielsweise empfohlen, dem Opfer des Zaubers Pappel- oder Weidenblüten ins Essen zu mischen oder die Hoden eines Hahns unter dem Bett zu platzieren. Vierzig in Nesselsaft gekochte Ameisen sollten einen Mann dauerhaft impotent machen. Impotenzzauber war ein oft angewendetes magisches Ritual, das als ernsthafte Bedrohung angesehen wurde. Dies lässt sich unter anderem daran ablesen, dass sich zahlreiche kirchliche Würdenträger im 11. und 12. Jahrhundert der Frage annahmen, ob eine Ehe für ungültig erklärt werden durfte, wenn ein Bann zur Impotenz des Mannes geführt hatte. Traktate über Gegenmittel oder Gegenzauber waren ebenso zahlreich im Umlauf wie die entsprechenden Rezepte. In Fällen, in denen ein Objekt der Auslöser des Fluchs war, sollte die Entfernung des Gegenstands genügen. Ebenfalls wirksam sein sollte das Ausräuchern des Schlafzimmers mittels Fischgalle oder das Besprengen der Wände mit Blut.
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