Die Magyaren
Die Geschichte der Ungarn lässt sich mit einiger Sicherheit erst ab der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts archäologisch nachweisen. Die Bezeichnung „Ungarn“ ist wahrscheinlich slawischen Ursprungs, selbst nannten sie sich Magyaren. Nur wenige archäologische Funde geben Aufschluss über ihre Lebensweise, ihre Sitten und Gebräuche. So verweisen beispielsweise einige Gräber zwischen der Donaumündung und dem Dnjepr auf charakteristische Bestattungsbräuche und können demzufolge den Ungarn zugeordnet werden. Ihre Frühgeschichte erschließt sich jedoch weniger durch die Archäologie, sondern durch linguistische Untersuchungen, deren Ergebnisse vermuten lassen, dass die Ungarn zumindest ab dem 5. Jahrhundert im Gebiet der Wolga und Kama gelebt haben.
Die Ungarn an den Grenzen des Fränkischen Reichs
Als die Ungarn um das Jahr 862 zum ersten Mal an den Grenzen des Fränkischen Reichs in der karolingischen Ostmark erschienen, gehörten diese Gebiete größtenteils zum Reich der Bulgaren, das von Slawen bewohnt wurde, zu den ostfränkischen Marken und zum Großmährischen Reich. Die eigentlich vor den Pecenegen, einem aus dem Gebiet um den Aralsee stammenden Turkvolk, flüchtenden Ungarn nutzten den Verfall des Großmährischen Reichs, um das Karpatenbecken zu besetzen und nach und nach zu besiedeln.
Ungarn keine klassischen Reiternomaden
Die ungarische Eroberung des gesamten Karpatenbeckens fiel in die Jahre 894 bis 900. Die Ungarn haben nach der Besetzung des Gebiets vornehmlich in den Tiefebenen und Tälern Siebenbürgens gesiedelt. Sie waren keine klassischen Reiternomaden. Für einen Teil der Ungarn war bereits vor der Landnahme eine fast sesshafte Lebensform charakteristisch, die mit dem Betreiben von Garten- und Ackerbau einherging. Lediglich ein kleiner Teil der recht wohlhabenden Mittelschicht betätigte sich als Viehzüchter.
Die Ungarn als Schrecken Mittel- und Westeuropas
Nach dem Tode ihres Anführers Kursan (um 904), der als sogenannter Sakralfürst gleichzeitig Priesterfunktionen erfüllte, ging die Herrschaft an die Heerkönige aus dem Hause Arpad über. Die einzelnen Stammesfürsten spielten aber noch über Generationen hinweg eine wichtige Rolle und blieben selbstständig. Im Jahre 899 brachen ungarische Truppen in das Italien König Berengars I. ein. Ab diesem Zeitpunkt wurden sie für Jahrzehnte zum Schrecken Mittel- und Westeuropas. Zwischen 911 und 933 erreichten plündernde Scharen Frankreich, Spanien, Apulien und Dänemark. Mittels dieser Raubzüge lebten die jungen Gefolgschaftskrieger ihre Kampfeslust und Beutegier aus. Der Erfolg basierte jedoch weniger auf der ungarischen Stärke, sondern mehr auf der Konkurrenz der spät- und nachkarolingischen Herrscher untereinander.
Ende der Beutezeuge durch verschiedene Niederlagen
Die Beutezüge der Ungarn endeten erst nach ihren Niederlagen gegen Heinrich I. bei Riade im Jahre 933, nach fehlgeschlagenen Unternehmungen gegen das Byzantinische Reich im Jahre 934 und vor allem nach der Niederlage gegen Otto den Großen auf dem Lechfeld im Jahre 955. Die Schlacht auf dem Lechfeld ging in ihrer Bedeutung dabei weit über militärische Aspekte hinaus: Vielen ungarischen Zeitgenossen galt das erfolglose Unterfangen als der Verlust des Glücks. Es erschütterte die Macht der Stammesfürsten und begünstigte den Ausbau einer monarchischen Stellung der Arpadfürsten.
Annäherung der Ungarn an westliche Nachbarn
Die Annäherung der Ungarn an ihre westlichen Nachbarn betrieb Großfürst Geza (970 - 997), der 973 eine Gesandtschaft an den Hof Ottos II. schickte und dabei um Missionare bat. Gezas Sohn Vajk, der sich nach seiner Taufe Stephan nannte, brach als erster christlicher König (997 - 1038) die Macht der Stammesfürsten, schuf eine königliche Verwaltung und eine Kirchenverfassung. Darüber hinaus erließ er Gesetze, die karolingische und bayrische Elemente enthielten. Ungarns Anschluss an das lateinisch-christliche Abendland war um das Jahr 1000 vollzogen. Der ungarische König Stephan legte damit das Fundament für ein halbwegs stabiles Staatsgebilde.
Das Ende des Königreichs Ungarn
Das mittelalterliche Ungarn umfasste das gesamte Karpatenbecken und Siebenbürgen. Im 12. Jahrhundert wurden Slawonien, Kroatien und Dalmatien erobert. Im 13. bis 15. Jahrhundert dehnte sich die Oberhoheit der Ungarn auf weite Gebiete südlich der Sawe und in das Banat aus. Im Sommer 1526 entschied Sultan Süleyman II. Ungarn anzugreifen. In der Schlacht von Mohacs (29.8.1526) besiegten die Osmanen die Ungarn, obwohl Letztere von zahlreichen Hilfstruppen unterstützt wurden. Dieses Datum gilt als der Endpunkt des Königreichs Ungarn.
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