Stadtherren im Mittelalter
Für eine Stadt war ihr Verhältnis zum Stadtherrn verfassungsrechtlich grundlegend. Durch die Stadtrechte wurde dieses Verhältnis näher bestimmt, es waren jedoch große Unterschiede bei den einzelnen Städten zu verzeichnen. Generell standen sich der auf Selbstständigkeit drängende Verband der Bürger und der Stadtherr mit seinen stadtherrlichen Rechten gegenüber. Der Stadtherr konnte der Gemeinde verschiedene Rechte ganz oder teilweise übertragen. Allgemein übte der Stadtherr die vom König verliehene, obrigkeitliche Gewalt aus und privilegierte die Gemeinde. Stadtherrliche Rechte waren zum einen die aus den Regalien abgeleiteten Rechte (Kaufmanns- und Marktrecht, Münz- und Zollrecht, Bann- und Befestigungsrecht). Zum anderen zählten die Rechte dazu, die sich aus dem Erbe und Eigentum des Stadtherrn ergaben (Grundbesitzrechte) sowie allgemeine landesherrliche Rechte (Nutzungsrechte, Gerichtsrechte, Willkürrechte, Steuerrechte). Insbesondere spielte auch das Recht der Verpfändung sämtlicher oder einzelner Rechte eine wichtige Rolle. Die Übertragung dieser Rechte an die vom Rat vertretene Gemeinde erfolgte im Wege der Privilegierung. Im Gegenzug wurde die Stadt zur Huldigung, zur Heerfolge, zu Rat und Tat sowie zur Steuerzahlung verpflichtet. Seine Rechte nahm der Stadtherr persönlich oder durch seinen Beauftragten (Vogt, Amtmann) wahr, der seinen Sitz in der Stadt selbst oder außerhalb hatte.
Stadtherren waren im Regelfall die Landesherren, aber auch Adlige bis zum Niederadel konnten Stadtherren sein, vor allem wenn sie über grundherrliche Rechte verfügten. In Ausnahmefällen hatten der König oder geistliche Herren wie Bischöfe und Äbte die Stadtherrschaft inne. Eine weitere Ausnahme bildeten Korporationen, die stadtherrliche Rechte etwa durch Kauf oder Anpfändung ausübten, wie beispielsweise die Räte von Lübeck und Nürnberg. Darüber hinaus konnten bestimmte Rechtsvoraussetzungen auch zu gemeinsamer Stadtherrschaft führen. Dies war häufig in den sogenannten Samtstädten wie etwa in Brakel oder Herford der Fall.
Das Verhältnis zwischen Stadt und Stadtherrn war gekennzeichnet durch das Bestreben der Kommune nach Autonomie. Dies bedeutete, dass die Stadt versuchte, so viele Privilegien wie möglich durch den Stadtherrn verliehen zu bekommen oder auch durch Kauf oder Anpfändung möglichst viele stadtherrliche Rechte in die direkte Verfügungsgewalt des Rates überzuleiten. Dieser Umstand führte im 13. und 14. Jahrhundert oft zu blutigen Auseinandersetzungen wie etwa in Köln, wo zu dieser Zeit ein Aufstand gegen den bischöflichen Stadtherrn gewaltsam durchgeführt wurde. Die ursprüngliche Dominanz des Stadtherrn ging vor allem im 14. und 15. Jahrhundert bei wirtschaftlich starken Städten zugunsten ratsherrlicher Autonomie zurück (Braunschweig, Lüneburg, Münster). Auf eine Phase relativer Unabhängigkeit folgte zum Teil bereits ab Mitte des 15. Jahrhunderts in Brandenburg – in anderen Orten erst im 16. Jahrhundert – eine Wiedererstarkung stadtherrlicher Rechte. Kleinere Städte fanden häufig in der landständigen Stadtkurie Unterstützung, die ihnen in im Kampf um die Stabilisierung ihrer Rechte zur Seite stand. Größere Städte versuchten, Städtebünde gegen den Stadtherrn einzusetzen.
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Private oder auch stille Messen hielten die Priester ohne besondere Feierlichkeit ab. Öffentliche Messen dagegen wurden festlich gestaltet und zumeist musikalisch mit Gesang begleitet. |
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