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Spezial: Feudalismus - Kirche, Politik und Wirtschaft

Die Abgabe des „Zehnt“

Des Weiteren waren die Bauern dem Klerus auch insofern verpflichtet, als sie ihm den „Zehnt“ von den Erträgen ihrer Scholle schuldeten. War diese Abgabe in der Frühzeit des Christentums eine freiwillige Leistung, so wurde sie im achten Jahrhundert als Zwangsabgabe eingeführt. Zunächst wurde diese Abgabe zu jeweils einem Viertel an den Bischof, das Bistum, den Pfarrer und die Armen verteilt. Ab dem 10. Jahrhundert erhielten der Pfarrer ein Drittel und der Bischof zwei Drittel. Die Mittel, die dem Bischof zuflossen, waren für den Unterhalt des Bistums und die Armenfürsorge gedacht. Da die Armen allerdings nunmehr nur indirekt von der Abgabe des Zehnt profitierten und nicht mehr direkt bedacht wurden, waren sie nun in noch höherem Maße als zuvor in der Rolle von Bittstellern, von der Gnade des Bischofs abhängig und in gewisser Weise auch seiner Willkür unterworfen.

Gleichzeitig waren auch Adlige im Besitz von Kirchen und Klöstern. Durch dieses Faktum wurde der Zehnt der Bauern jedoch häufig zur überwiegend weltlichen Abgabe. Dabei ist die Bezeichnung „Zehnt“ als Anteil der dem Klerus geschuldeten Naturalgaben durchaus irreführend. Historischen Quellen zufolge war die Abgabe unabhängig von der tatsächlichen Erntemenge geregelt und festgelegt. So schwankte die Höhe der von den Bauern zu leistenden Naturlieferungen je nach Bodenqualität und Region zwischen 10 bis 30 Prozent der Ernte.

Neben dem Anteil, der von den Erträgen des Ackerbaus und der Viehzucht gezahlt werden musste, wurden auch Rüstungsausgaben mit dem sogenannten „Kreuzzugszehnt“ erhoben, der zur Rückeroberung der Gebiete im Heiligen Land veranschlagt wurde.

Das politische System des Mittelalters

Die Bauern hatten jedoch nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte, die allerdings sehr begrenzt waren. Die Grundherren waren diesbezüglich in der Pflicht gegenüber den Bauern und gleichzeitig waren sie ihrerseits einem Adligen unterstellt, der einen höheren Status als sie selbst hatte. Von diesem hatte der Grundherr sein Lehen zugeteilt bekommen, sodass es sich hier nur bedingt um das Eigentum des Grundherren handelte. Er war somit Vasall des höhergestellten Adligen. Aus diesem Abhängigkeitsverhältnis leitete sich der Anspruch auf Erbringung von Kriegsdiensten durch den Grundherren ab. Diese Abhängigkeitsstrukturen herrschten innerhalb des gesamten mittelalterlichen politischen Systems und reichten bis hin zum König. Dieser war im Grunde der Eigentümer allen Landes und hatte es unter seinen Vasallen als Lehen unterschiedlicher Größe aufgeteilt, was ihn durch die gegenseitig geschworene Lehenstreue einerseits an die Vasallen band und andererseits zum Oberhaupt machte.

Der König hatte durch das Vasallentum bedingt jedoch keinen direkten Zugang zu seinen Untertanen, jedoch eine sehr hohe Autorität und Machtfülle, denn die Philosophie des Mittelalters sah im König ebenfalls einen Vasallen einer höheren Macht, und zwar der göttlichen Macht. Der König galt als von Gott in sein Amt eingesetzt, er war König „von Gottes Gnaden“. Durch diese Zuordnung war es nahezu unmöglich, Kritik an Entscheidungen des Königs zu äußern, da diese nicht nur als Majestätsbeleidigung, sondern als Gotteslästerung aufgefasst wurde und für den Kritiker - wenn nicht lebensbedrohlich - so zumindest was die wirtschaftliche Existenz betrifft, riskant war.

Rechte und Pflichten des Grundherren

Die Rechte des Grundherren übertrafen bei Weitem seine Pflichten. Ihm kam als Grundeigentümer oder auch als Inhaber eines Lehens nicht nur das Recht zu, über das Land und die darauf lebenden Menschen zu verfügen, sondern er war gleichzeitig mit ausgedehnten Verwaltungsaufgaben sowie mit der Rechtsprechung betraut. So konnte er nicht nur allein über die Verwaltung und Nutzung von landwirtschaftlich genutzten Flächen entscheiden, sondern auch öffentliche Belange wie die Polizeigewalt oder die niedere Gerichtsbarkeit lagen in seinen Händen. Eheschließungen unter den Bauern bedurften der Zustimmung des Grundherren, der das Recht hatte, sein Veto auszusprechen und die Ehe dadurch verhindern konnte. Dieser Umstand zeigt in besonderem Maße, in welchen Abhängigkeiten die Landbevölkerung stand. Da der Grundherr, für den sie arbeiteten, gleichzeitig auch der Richter in allen strittigen Fragen war, ist naheliegend, dass eventuelle Forderungen ihrerseits kaum Gehör fanden und die Rechtsprechung wie selbstverständlich zugunsten des Grundherren ausgeübt wurde.

Im Gegenzug war es die Pflicht des Grundherren, seinen Untertanen Schutz zuzusichern. Die Ableistung dieser Pflicht gegenüber den Bauern beinhaltete die wirtschaftliche Grundsicherung, die gewährleisten sollte, dass die Versorgung mit Nahrungsmitteln auch in Zeiten von Missernten oder Naturkatastrophen gegeben war. Des Weiteren musste der Grundherr seine Untertanen im Falle von Krankheiten unterstützen und ihnen ebenfalls Schutz davor bieten, zum Kriegsdienst herangezogen zu werden. Er hatte außerdem in seinem Herrschaftsgebiet für Frieden Sorge zu tragen, Streitigkeiten zu schlichten und Strafmaßnahmen gegen diejenigen zu verhängen, die den Frieden durch ihr Verhalten gefährdeten.

Der Feudalismus als Wirtschaftssystem

Der Feudalismus kann insgesamt als Wirtschaftssystem betrachtet werden, das auf der Ausbeutung der Mehrheit zum Nutzen einiger weniger privilegierter Familien beruhte. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Gegebenheiten wurden der Bevölkerung, die zu einem sehr hohen Prozentsatz aus Analphabeten bestand, nicht nur nicht zugestanden, sondern aufgrund der Machtverhältnisse auch im Keim erstickt. Zumindest in der Theorie sollten die Grundherren einen Teil ihrer Einnahmen aus den bäuerlichen Zwangsabgaben wieder der Gemeinschaft in Form von patriarchalisch verteilten Almosen zugutekommen lassen. Da diese Geschenke aber weder einklagbar noch in der Höhe offiziell festgeschrieben waren, leisteten nur die allerwenigsten Feudalherren tatsächlich die Zahlungen an ihre Untertanen in vollem Umfang. Die Abgabenlasten wurden dagegen im Laufe der Zeit für die Bauern sukzessive verändert und in den allermeisten Fällen erhöht.

Rechtssystem und Gerichtsbarkeit im Feudalismus

Im Spätmittelalter lag der Anteil der Bevölkerung an abhängigen Bauern in Deutschland bei neun Zehnteln, in Europa insgesamt bei vier Fünfteln. Sie waren jedoch nicht die Eigentümer ihres Landes, sondern ihnen wurde lediglich nicht vererbliches Nutzungsrecht seitens des Grundherren gewährt, das jederzeit widerrufen werden konnte. Die Frondienste, die die Bauern für das Recht der Landbearbeitung erbringen mussten sowie die zu leistenden Naturalabgaben waren jedoch rechtlich keineswegs klar geregelt, sodass der Willkür des Grundherren hier kaum Grenzen gesetzt waren. Die Frondienste und Naturalabgaben erfreuten sich bei den Bauern selbstredend keiner hohen Beliebtheit, zumal die Grundherren berechtigt waren, ihre Forderungen ohne Angabe von Gründen zu erhöhen. Diese Rechtssituation führte für die Bauern einerseits zu einer Auffassung des Lebens als Schicksal, auf das sie nahezu keinen Einfluss hatten, denn gleichzeitig stellten die Grundherren auch die Richter und urteilten in Streitfällen. Das Rechtssystem im Feudalismus sah ebenfalls vor, dass die Kinder der Bauern zu Gesindediensten auf dem Gut des Grundherren gezwungen wurden.

Ende des Feudalismus

England entließ die Bauern als erstes europäisches Land aus der Leibeigenschaft. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts erhielten sie dort ihre persönliche Freiheit. In Kontinentaleuropa wurde das englische Modell der Auflösung herrschaftlicher Verpflichtungen der Bauern erst im Zuge der Aufklärung im 18. Jahrhundert in Betracht gezogen. Einen entscheidenden Impuls erhielt die sogenannte Bauernbefreiung im Zusammenhang mit der Französischen Revolution. Im Jahre 1789 hatte die französische Nationalversammlung alle Frondienste und die Abgabe des Zehnt gestrichen sowie alle sonstigen Feudalrechte außer Kraft gesetzt. Erste Reformen im 18. Jahrhundert in Deutschland führten zwar zur Aufhebung der Leibeigenschaft im 19. Jahrhundert, die Belastungen der Bauern insgesamt blieben faktisch jedoch konstant.

Neofeudalismus

Karl Marx benennt in seinem Werk „Das Kapital“ auf Seite 890 den Feudalismus als notwendige Bedingung zur Entstehung des Kapitalismus, der zur Ausbildung eines Proletariats führe, das für den Eigner von Kapital und Produktionsmitteln jederzeit in mehr als ausreichender Weise zur Verfügung stehe. Dabei lebe das Proletariat aber unter Bedingungen, die dem Feudalismus nicht allzu unähnlich seien. Diese Feststellung von Marx hat auch heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Denn längst ist nicht mehr der Besitz von Grund und Boden das Ordnungsprinzip, das zu Macht oder Ohnmacht führt, sondern die Verfügungsgewalt über Kapital. Sie ist in einem Ausmaß an Entscheidungsprozessen politischer, wirtschaftlicher und sozialer Natur beteiligt, dass auch in den entwickelten Industriestaaten wieder soziale Schichten existieren, die sich durch ihre Arbeit nicht mehr ernähren können und deren Löhne seitens des Staates alimentiert werden. Beispielhaft zu nennen sind hier das Heer der im Niedriglohnsektor Beschäftigten und die Arbeiternehmer in Zeitarbeitsverhältnissen.



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